Das systematische erstlingswerk ricoeurs, hier erstmals auf deutsch zugänglich, zeigt ihn bei der geduldigen arbeit an den sachen selbst. Die affektiv grundierte praktische handlungswelt des menschen wird in ihrer ganzen weite auf ihren subjektiven sinn hin erschlossen. Das willentliche und das unwillentliche, 1950 zeitgleich mit ricoeurs epochemachender französischer übersetzung von husserls ideen i erschienen, will im rahmen der ordnung des praktischen lebens das gegenstück zu merleau-pontys phänomenologie der wahrnehmung liefern. Ricoeur begründet darin eine eigenwillige phänomenologie der praxis, die diagnostisch die ergebnisse der empirischen wissenschaften einbezieht und zeigt, welche bedeutung sie für das selbstverständnis des situierten und weltaffizierten praktischen subjekts haben. Diese phänomenologie der praxis bleibt nicht nur grundlegend für alle weiteren denkwege ricoeurs, sondern besitzt auch ein bislang kaum erforschtes potential für die aktuellen fragen nach handlungs- und willensfreiheit, nach der welterschließenden rolle von emotionen sowie der grundlegung einer nicht-formalistischen ethik.
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