Die hier zusammengestellten frühen Schriften enthalten viele der Leitmotive, die Carnaps Philosophie insgesamt bestimmen: Was später in besser abgesicherter und oft schwerfälligerer Formulierung vorgetragen wurde, findet sich hier in seiner ursprünglichen und riskanteren Form. Die in diesem Buch zusammengefaßten Schriften können als Carnaps "Wiener Antimetaphysik" bezeichnet werden. Damit wären nicht einfach nur Thema und Entstehungsort benannt, sondern auch der besondere Kontext, der zu ihrer Eigenart wesentlich beigetragen hat. Während "Scheinprobleme" (1928) und "Von Gott und Seele" (1929) eine erkenntnistheoretisch motivierte Kritik der Metaphysik vortragen, treten in den späteren Arbeiten logische und aufklärerische Motive der Metaphysikkritik in den Vordergrund. In "Die alte und die neue Logik" (1930) und in "Überwindung der Metaphysik durch logische Analyse der Sprache" (1932) plädiert Carnap dafür, die von Frege, Whitehead und Russell inaugurierte 'neue Logik' als Mittel für die endgültige Überwindung der traditionellen metaphysischen Philosophie einzusetzen. In dem bisher auf deutsch nicht veröffentlichten Aufsatz "Der Charakter der philosophischen Probleme" (1933/1934) wird diese Kritik durch eine neue Konzeption von Philosophie ergänzt, die Carnaps gesamtes weiteres Werk bestimmen sollte. Er verstand diese bisher nur unzureichend gewürdigte Konzeption als positive Antwort auf die negative These Wittgensteins, die dieser im Tractatus formuliert hatte. Die Einleitung des Herausgebers umreißt die wissenschaftlichen, philosophischen und politischen Linien des Projektes, an dessen Verwirklichung sich Carnap in seiner Wiener Zeit beteiligt sah. Wäre heute noch ein philosophisches Projekt vorstellbar, das in einem Atemzug Fortschritte der Logik und Mathematik, neuere Entwicklungen in Architektur und Städtebau sowie eine neue Art des Philosophierens in Verbindung zu bringen versucht?
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