In der Forschung ist die Bedeutung der Begegnung zwischen Paul Celan und Martin Heidegger im Sommer 1967 längst konstatiert worden. Sie wurde jedoch lediglich im Bereich programmatischer Äußerungen reflektiert. In Gespräche von Text zu Text wird durch Quellenstudien und eingehende Textanalysen nachgewiesen, daß dieser Begegnung auf seiten Celans ein um 1953 einsetzender Prozeß sowohl der Annäherung als auch der Entgegensetzung gegenüber dem Philosophen vorausging. Diese ambivalente Entwicklung wird auch anhand von bisher nicht beachteten Gedichten in ihrer Komplexität vorgeführt. Im Mittelpunkt steht dabei das Gedicht "Engführung". Die Kategorie der Intertextualität wird nuanciert neu bestimmt und unterscheidet sich hier fundamental von einer nur umbenannten Quellenkunde. Zentraler Bezugspunkt für die Auseinandersetzung zwischen dem Dichter und Denker ist die Dichtung Hölderlins. Das nie geführte, sondern in den Gedichten immer wieder angefangene "verzweifelte Gespräch" (Celan, "Meridian") mit Heideggers poesie-geleitetem Denken entwickelt sich an poetologischen Fragestellungen im Kontext der Frage, wie ein Andenken 'nach Auschwitz', das die Dichtung gleichermaßen nötigt und dem sie stattgibt, zu begreifen ist. Der Studie gelingt es, die Differenz Celan-Heidegger an dem Paradox textimmanent zu sichern, das darin besteht, daß Heidegger für sein Denken stets reklamiert hat - auch nach 1945 -, ein geschichtliches zu sein. Methodisch detailliert nachvollziehbar macht sie den tiefsten Differenzgrund zwischen Celan und Heidegger und auch zwischen Hölderlin und Heidegger sichtbar: eine nicht miteinander zu vereinbarende Denkweise angesichts der massiven Erfahrungswahrheiten, die die Realgeschichte den Dichtern auferlegt, die den Denker aber überfordert hat. Die Dichtung, die ihre Begründung in der Philosophie aufzugeben nicht bereit ist, tritt für das verfehlende Denken ein.
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