----- 赫尔曼科恩
Er war sechsundsiebzig Jahre alt - vergebens suche ich mich damit zu trösten. Es fällt mir schwer, mich von dem Gefühl zu befreien, daß Hermann Cohen uns wie plötzlich und vorzeitig entrissen worden ist. Voller Jugendlichkeit, voller schöpfungsfreude und Kampfeslust war er bis zu seinem letzten Tage. In der Mitte seines Lebens gleichsam kam sein Ende, in der Mitte seiner Arbeit entwich seine junge Seele. Wir wußten, daß er das Greisenalter erreicht hatte, in dem der Tod schadenfroh mit dem Menschen zu spielen und ihn zu necken pflegt, bis er an ihm seinen Auftrag vollzieht. Aber dieses Wissen setzte sich in uns nicht fest, es verwischte sich und wich vor dem Eindruck der Stärke und Jugendlichkeit, die in all den letzten Geisteserzeugnissen, den A1terskindern des großen Denkers sprudelten. Als wäre der Weltenlauf bei ihm ein umgekehrter, als hätte ihn blühende Jugendlichkeit im Greisenalter Überkommen.Man pflegt gewöhnlich mit Kleinem zu beginnen, um - mit Großem abzuschließen. Cohen aber fand bis zu seinem siebzigsten Jahr keine innere Muße zum Artikelschreiben, arbeitete selbst an philosophischen Zeitschriften nicht mit; nicht einmal an jener periodischen Literatur, die aus seiner Schule hervorgegangen war und von seinen Anhängern genährt wurde, hatte er, der Lehrer, sich beteiligt.
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