Dio langon Vorworto sind unboliobt, noeh unboliebter als die langen Predigten. Der Leser will vor der Eingangstiire eines Werkes nicht lange aufgehalten werden, er will nur das Urteil dor Tatsachen horen, nicht die Meinung dos Verfassers liber die Tatsachen, die er zu berichten im Begriffe ist. Dies Verlangen nach Sachlichkeit ist gewiss berechtigt, denn os ist das Verlangen nach Gerechtigkeit. Soil aber damit gesagt sein, dass der Geschichtsschreiber nichts weiter als ein Referent von trockenen Tatsachen sein darf? Er wtirde dann zum Chronisten herabsinken nnd der Geschichte wiirde ihr Richteramt ge-nommen werden. Aber wie man vom Richter verlangen und erwarten darf, dass er nicht mit personlichen Augen die Dinge ansehen und nicht mit einem bereits fertigen Urteil seines Amtes walten soli, so verlangt und erwartet man vom Geschichtsschreiber die Gestaltung des Urteils nach den Tatsachen und nicht umgekehrt die Gestaltung der Tatsachen nach seinem Urteil.Die Darstellung der Geschichte der Juden hat unter konfessio-neller Befangenheit und Voreingenommenheit ihrer Verfasser ehemals besonders stark gelitten. Sie wurde, von riihmlichen Ausnahmen ab-gesehen, in der Regel mit mehr oder weniger erbaulichen Betrachtungen und Redensarten ausgoschmlickt und dadurch umgedichtet. Man lese nur z. B. Wttrfel's historische Nachrichten von den Judengemeinden in Numberg und in Ftirth, wo die tatsachlichen Mitteilungen immerfort mit stacheligen Glossen liber die Schlechtigkeit der Juden und die Verkehrtheit ihrer religiosen Einrichtungen und Sitten be-gleitet werden, und man wird das Bedauern nicht unterdvlicken konnen, dass wertvolles Material, welches teilweise gar nicht mehr nachgepriift werden kann, in die Hnde von Mnnern fallen musste, sehr hufig Theo-logen, die dem Leser ihr eigenes Urteil und Vorurteil soufflieren zu miissen glaubten.
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