Auf den Gegenstand der vorliegenden Untersuchungen wurde ich durch die Lectüre von Plutarchs philosophischen Schriften geführt. Durch eine ganze Reihe dieser Schriften schien mir eine eigentümliche, phantastisch-mystische platonisierende Richtung hindurchzugehen, die dem nüchternen Geiste Plutarchs nicht entsprungen sein konnte. Verschiedene Anzeichen liessen mich vermuten, dass der Urheber dieser Richtung Xenokrates sei. Bei näherer Prüfung bestätigte sich mir diese Vermutung, wenn auch weitaus nicht in dem Umfange, wie ich anfangs geglaubt hatte. Ein Versuch, meine Ergebnisse lediglich in der Form einer Analyse jener plutarchischen Schriften vorzulegen, überzeugte mich von der Notwendigkeit, das ganze System des Xenokrates, so weit ich es zu reconstruieren vermochte, darzustellen. Dabei ging es nicht an, Quellenuntersuchung und Darstellung der Lehre durchgängig von einander zu trennen; beide mussten sich häufig ablosen oder neben einander hergehen. Ich konnte mich ferner auf Xenokrates selbst nicht ausschliesslich beschränken. Dem Leser wird es vielleicht hie und da scheinen, als diene mir Xenokrates nur als Vorwand, um über Platon oder Posidonius zu reden, als spiele mein Titelheld die Rolle des Dieners, der nur auftritt, um die Hauptacteure anzumelden. Die zahlreichen scheinbaren Abschweifungen konnte und mochte ich nicht vermeiden. Xenokrates kann uns nur verständlich werden von dem Punkte, von dem er ausging: der spätesten Form der platonischen Lehre, und von dem Punkte, in den seine Lehre ausmündete: dem Platonismus des Posidonius. Beide Gebiete sind bisher so wenig erschöpfend durchforscht, dass ich da, wo mein Weg sie kreuzte, mir ein etwas längeres Verweilen nicht ersparen durfte.
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